Rede zum Rechtsextremismus (Gastbeitrag)

Katja M. ist nicht bei ihrer ersten BDK – aber Kiel war ihre erster (ordentlicher*) Parteitag mit dem Landesverband Sachsen. Weil Katja nicht fürs Reden gelost wurde, veröffentlichen wir ihre Rede kurzerhand schriftlich hier:

„Liebe Freundinnen und Freunde,

ich komme aus Zwickau. Verwandte und Freunde wohnen in unmittelbarer Nähe zum Tatort. Wir alle – meine Freunde, meine Familie – sind erschüttert von den Vorgängen in unserer unmittelbaren Nachbarschaft.

Ich will nicht, dass die Menschen, dass Ihr, wenn ihr an Zwickau denkt, nur Terrorzelle und Rechtsterrorismus im Kopf habt.

In Zwickau ist Robert Schumann, der großartige Komponist geboren. Thomas Münzer hat hier gepredigt. Er kam auf die Empfehlung von Martin Luther nach Zwickau, der seinem Freund, dem Zwickauer Bürgermeister Hieronymus Mehlpfort, 1520 seine Schrift „Von der Freiheit eines Christenmenschen“ widmete.

2017 jährt sich die Reformation zum 500. mal. 2011 ist die Lutherdekade zur Freiheit. Ja zur Freiheit!

Luthers Ruf nach Freiheit wurde in der Reformation in vielfältiger Weise gehört, gerade im Verhältnis des Einzelnen zur kirchlichen und weltlichen Obrigkeit. Seit Luther musste die Welt, Europa, Deutschland viele Angriffe auf die Freiheit aushalten. Es sind aber immer tapfere Frauen und Männer gewesen, die unter Einsatz ihres Lebens die Freiheit verteidigt haben.

Heute sind die Furcht vor Armut, Not und Terrorismus die alltäglichen Anfechtungen der Freiheit. Unsere Aufgabe als Demokratinnen und Demokraten, als GRÜNE, muss es sein, diese unsere Freiheit zu verteidigen.

In einer demokratischen Zivilgesellschaft müssen alle, auch wie wir hier sitzen den politischen Gegner mit Argumenten bekämpfen. Ein Verbot der NPD träfe zwar die Parteistruktur – aber wohl kaum die Parteimitglieder und SympathisantInnen. Menschen mit ihren Meinungen lassen sich in einer pluralistischen Gesellschaft nicht verbieten.

Sicher, ein Verbot würde den demokratischen Rechtsstaat als entschlossen und handlungsfähig erscheinen lassen. Und ja, es ließe sich ein politisches Zeichen setzen. ABER ein Verbot ist wohl eher ein repressiver Akt, der nur eine Ausdrucksform ist, aber nicht an die Wurzel des Rechtsextremismus geht. Wenn Politik sich reflexartig auf ein Verbot fixiert, bleibt die gebotene geistig-politische Auseinandersetzung lediglich Gegenstand von Sonntagsreden. Und Sonntagsreden haben wir in den vergangenen Jahren in Sachsen zur Genüge gehört.

Statt Initiativen und Vereinen, die über rechtsextremistische Ideologie und Organisationen aufklären, die Gelder zu streichen, müssen diese unterstützt werden. Und widersinnige Bekennungen zur Demokratie gehören wieder abgeschafft.

Wir brauchen Menschen in unserem Land die Verantwortung übernehmen, für sich ihre Nächsten, Europa, Deutschland und ihre Region – das ist die Aufgabe freier Menschen.“

* „Ordentliche“ Bundesdelegiertenkonferenzen sind übrigens alle Bundesdelegiertenkonferenzen, die keine „außerordentlichen“ Bundesdelegiertenkonferenzen sind. Letztere werden bei uns kurz „Sonder-BDK“ genannt und finden nur bei außergewöhnlichen Ereignissen, wie etwa dem Atomausstieg statt.

Dieser Beitrag wurde unter Demokratie, Reden veröffentlicht. Setze ein Lesezeichen auf den Permalink.

Hinterlasse einen Kommentar